Bürgermeister Jacob Joseph Rosellen

Amtszeit von 1820 - 1850

Schon der Vorname war mühsam heraus zu finden, auf normalem Weg, den überall tauchte nur „Rosellen" auf, mal als Hitdorfer Bürgermeister, mal in Nachbargemeinden, kurz und knapp, vielleicht noch 1840/42 als Jahreszahlen in Hitdorf. Wer war Rosellen? Hitdorfer Bürgermeister? Und was hatte dieser mit Karl Marx zu tun?

Eher nichts, könnte man meinen... Aber lesen Sie selbst....

Jacob Joseph Rosellen

Jacob Joseph Rosellen wurde am 18.11.1792 in Niederaußem, Kreis Bergheim als Sohn des Ackermannes Wilhelm Heinrich Rosellen und dessen Frau Odilia Hoeningen geboren. Seine Eltern besaßen dort ein „Gut von zwei Pferden Ackerland" Am gleichen Tag wurde er auf den Namen Jacob getauft, der zusätzliche Vorname Joseph ist in dem Taufregister nicht vermerkt. Über Schulzeit und Ausbildung von J.J. Rosellen ist nichts bekannt.

Unter der Französischen Regierung soll Rosellen eigenem Bekunden zufolge „seine Vaterlandspflicht bis zum Eingreifen der Hohen Verbündeten als Soldat des 30. Infanterieregiments" erfüllt haben und „an der linken Hand schwer verstümmelt" worden sein. Er soll beklagt haben, dass er „beim Anmelden zum Freiwilligen Dienste 1814/15 von der Hohen Präfektur zu Düsseldorf wegen der Invalidität zurückgewiesen wurde"

Rosellen hat nach dieser Ablehnung wohl die Tätigkeit als Gehilfe und Sekretär der Bürgermeister Christian Peters aus Monheim und Peter Wilhelm Lungstras aus Langenfeld, der beiden ersten Bürgermeister der 1814 geschaffenen Samtgemeinde Richrath- Monheim, begonnen. Im Jahre 1821 berichtet der Landrat der Regierung Düsseldorf, dass Rosellen „in Grundstücken noch nicht angesessen" sei, „aber ein kleines gespartes Capital besitze". Von diesem Kapital hat Rosellen in unmittelbarer Nachbarschaft seines Gönners Peter Wilhelm Lungstras Grundbesitz erworben. Auf diesem Grundstück hatte Rosellen ein Wohnhaus errichtet, das noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts an der (heutigen) Düsseldorfer Straße in Langenfeld gestanden hat, ( rechts neben Haus Wagner, welches 1790 erbaut wurde und sowohl Posthalterei war, wie auch die Amtsstuben der Bürgermeisterei beinhaltete. Im Haus Rosellen waren später die „Auto Reparatur-Werkstätten Peter Marleaux" ansässig, nebst einer Tanksäule).


Am 05. Oktober1827 heiratete Jacob Joseph Rosellen die Hitdorferin Maria Gertrud Brembs (geb. am 19.Januar 1800 in Hitdorf, Tochter von Laurenz Brembs und Maria Anna Gertrud, geb. Vogel). Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Maria Gertrud Brembs starb bereits am 11.Oktober 1839 im Alter von nur 39 Jahren.

Nach ihrem Tode hat J.J.Rosellen nicht wieder geheiratet. Er starb am 01. März1855.

Die beiden einzigen überlebenden Kinder von Jacob Joseph Rosellen und Maria Gertrud, geb. Brembs haben im „Bürgermeisterblatt für den Landkreis Düsseldorf, No. 19, Benrath am 07. März 1855 folgende Todesanzeige veröffentlichen lassen.

110 Jahre nach dem Tod J.J. Rosellens beschließt am 02. Dezember 1965 der Hauptausschuss das Grab auf dem Richrather Friedhof St. Martin durch die Stadt Langenfeld pflegen zu lassen. Heute steht der verwitterte Grabstein im Stadtarchiv Langenfeld.


Aus Hitdorfer Sicht ist es erwähnenswert, dass J. J. Rosellen, hier zusammen mit dem honorigen Kaufmann Sigmund Pabstmann, dafür verantwortlich zeichnete, dass Hitdorf die damals dringend benötigte und schwer finanzierbare „neue" Schule bekam (1840/42, Parkstraße). Es ist zu mutmaßen, dass J. J.Rosellen, der ja Bürgermeister der ‚Samtgemeinde" (Gemeindeverbund Richrath- Monheim, inklusive Hitdorf) war, von der „Königlichen Hohen Regierung zu Düsseldorf" eingesetzt, aber in Monheim und in Richrath zunehmend unter Kritik stand, den Hitdorfern zugeneigt gegenüberstand. Dies schließt sich auch aus der Tatsache, dass er ein Hitdorfer Mädchen, nämlich ein Fräulein Brembs aus der Hitdorfer Marktschiffer-Dynastie derer von Brembs ehelichte (oder sie ihn) und demzufolge der Opa der Rosellenschen Kinder unser Laurenz oder Lorenz Brembs, ein Bruder des Paulus Brembs, war.

Gut lässt sich vorstellen, wie die junge Familie Rosellen, mit dem immer etwas in Gedanken beschäftigten, als bärbeissig geltenden Verwaltungsbeamten im makellosen Sonntagsstaat, mit seiner um sieben Jahre jüngeren Gattin und den wohlerzogenen Kindern zu Fuß die fünf Kilometer von der Langenfelder Kreuzung über die Chaussee gen Hitdorf ging, um im wohlhabenden Marktschiffer-Haushalt seiner Schwiegereltern frisch gefangene und in guter Butter göttlich zubereitete Fische zu speisen, begleitet vom jungen Mosel-Riesling, den der Schwiegervater gerade als Kostprobe für die Solinger Händler am Bergischen Hafen im Anbruch hatte.... (entspringt der Phantasie des Hitdorfer Schreiberlings hier und heute, aber könnte so gewesen sein... Ggf. wartete auch ein „Frühschoppengedeck" aus der Brauerei Pabstmann zu jener Zeit, direkt gezapft aus dem Eiskeller, weil das Brembsche Haus dort nun mal in unmittelbarer Nähe stand... Wie es nun auch war, die Hitdorfer und J. J. Rosellen, dass schien eine der Zeit nicht unangemessene Verbindung gewesen zu sein.

Und genau das sahen die Bürger der Samtgemeinde ein paar Jahre später vollkommen anders. Gerade deshalb sei hier das Wirken und Schaffen des Jacob Joseph Rosellen etwas näher durchleuchtet und der moderne Neu-Hitdorfer und Hitdorf- Interessierte möge dem Verfasser dieser Zeilen und Abschreiber Langenfelder Geschichtsbücher verzeihen, dass er hier etwas weiter ausholt.

Jacob Joseph Rosellen hat während seiner Dienstzeit als Verwaltungssekretär und späterer Bürgermeister der „Samtgemeinde Monheim- Richrath" innerhalb des Rahmens verschiedener Gemeindeverfassungen bzw. - Ordnungen gearbeitet: es war dies zuerst die von den Franzosen eingeführte Munizipalverfassung, dann die preußische Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz von 1845 und schließlich die in ganz Preußen erlassene Gemeindeordnung von 1850. Als Sekretär von Bürgermeister Wilhelm Lungstraß erlebte J. J. Rosellen den Übergang von der während der französischen Herrschaft durch die Munizipalverfassung eingeführten „Maire" der ein „kommunaler Ehrenposten" gewesen war, zum (später) besoldeten Gemeindebeamten, dessen Verwaltungstätigkeit zu umfangreich geworden war, als dass sie noch länger von den einem ehrenamtlich tätigen Geschäftsmann (siehe auch Christian Peters, Fronhof Monheim und Wilhelm Lungstraß, Posthalter, Langenfeld) hätte versehen werden können.

Insofern bat der amtierende Bürgermeister Wilhelm Lungstraß den „Königlichen Landrathen Herrn von Hauer" am 01.Oktober 1820 in einem Entlassungsgesuch um seine persönliche Suspendierung, nicht ohne einen gutgemeinten Hinweis auf seinen „Secretair", dem er „in der letzten Zeit", die „allermeisten Geschäfte" überlassen habe und dass der Secretair (Rosellen) „übrigens ein rechtschaffender Mann" sei.

Lungstraß hat damit den Weg für seinen, mit ihm wohl freundschaftlich verbundenen, noch jungen Mann geebnet, denn der Landrat folgte der Empfehlung des Langenfelder Bürgermeisters von Monheim und Richrath und schlug J. J. Rosellen der Königlichen Regierung in Düsseldorf als Kandidaten vor.

Interessant ist die Reaktion der königlichen Regierung in dem sie am 10. Mai 1821 mitteilt, sie wünsche „zu erfahren, ob der vorgeschlagene Verwaltungssekretär J. J. Rosellen dort angesessen sey", auch scheine ihr, dass, „in einem so ausgedehnten Bezirke, wie die Bürgermeistereien Monheim und Richrath, kein solcher Mangel an qualifizierten Subjekten für das Bürgermeisteramt vorhanden sey, dass uns nicht ein dreifacher Vorschlag vorgelegt werden könne; dessen Einsendung wir daher entgegensehen"

Doch der Landrat beharrte auf seinem Vorschlag und teilte seine Bedenken gegen andere Bewerber mit, bereits am 21. Mai 1821:

Der Sekretär Rosellen...(......).besitzt (aber) ein angespartes Capital. Wie ich Einer Königlichen hohen Regierung in meinen früheren Berichten gehorsamst bemerkt habe, muss ich voller Überzeugung wiederholen, dass in Monheim und Richrath kein Einwohner lebt, der die Bürgermeisterei selbstständig zu verwalten im Stande seye, und dabei die nöthigen Eigenschaften des Characters und die erforderliche Unabhängigkeit von persönlichem Einfluss hätte. (......) Ich könnte daher zu einem dreifachen Vorschlage nur anderweitige Bewohner heranziehen, welche aber nicht geneigt seyn würden ihren Wohnsitz zu verlassen, zudem auch unbekannt mit dem Ort und Personenverhältnissen worauf jetzt mehr als je bei Steueranschlägen und dergl. abkömmt, in der Gemeinde eine höchst unsichere und unwillkommene Erscheinung wäre.

Der Beigeordnete Blank zu Hitdorf wäre persönlich der Mann dem man eine Bürgermeisterei allenfalls vertrauen könnte, allein in Hitdorf, wo solcher angesessen ist, und sein Geschäft treibt kann die Verwaltung dieses Bezirks nicht seyn, deren Sitz sich durchaus nirgends besser als zu Langenfeld fixieren lässt"

Hört, hört, Hitdorfer Heimatforscher, der Landrat Hauer befand als einzigen in der grossen Gesamtgemeinde lebenden Menschen von Richrath über Monheim nach Hitdorf als würdiger Mitbewerber zum Bürgermeisteramt, der J. J. Rosellen das Wasser hätte reichen können, unseren Beigeordneten Blank! War es Johann oder Winand Blank? Eher Winand, unser erster Bürgermeister der Stadt Hitdorf ab 1857, dies eben hier 36 Jahre früher.

Warum auch nicht? Immerhin ist Winand Blank 1863 gestorben, nachdem er sechs Jahre erster Bürgermeister der Stadt Hitdorf war, es ist also zeitlich glaubhaft, dass sich der junge Winand Blank bereits als Beigeordneter im Gemeindeverbund der nachfranzösischen Zeit einen guten Namen gemacht hatte, ggf. auch unter Anleitung seines Bruders, oder Vaters Johann Blank. Auffällig ist dabei, dass der Landrat Hauer nicht den Vorgänger Lungstraß, Christian Peters oder dessen Vertraute aus Monheim mit aufzählte, obwohl jene doch noch Jahre später eine Rolle in J. J. Rosellens Leben spielen sollten. Das Bürger um Lungstraß in Langenfeld direkt, sich nicht gegen dessen Empfehlung „Rosellen" stellten, mag nachzuvollziehen sein. Ergo: Lediglich der Standort Langenfeld wurde als Vorteil J. J. Rosellens gegenüber Blank aus Hitdorf, immerhin vom amtierenden Landrat, angeführt, so dass man daraus bereits auf das verwaltungspolitische Gewicht Hitdorfs auch mit seiner wachsenden Bevölkerungszahl und immer noch wachsenden Industrie schliessen könnte.


Doch, machen wir weiter mit Jacob Joseph Rosellen. Der Schriftwechsel gibt Aufschluss über den hierarchischen Aufbau der verschiedenen Verfassungsorgane und der Staatsverwaltung jener Zeit. Bürgermeister wurden also durch die staatlichen Behörden, in der Regel auf Lebenszeit ernannt. Ebenso wurden auch die Beigeordneten (siehe Fam. Blank) und Gemeinderäte von der Regierung ernannt. Unter preußischer Herrschaft in den Rheinlanden wurde immer wieder versucht, die übernommene französische Munizipalverwaltung umzuformen., doch erst am 23. Juli 1845 wurde eine neue Gemeindeordnung erlassen. Diese fortdauernden Beratungen dazu waren der Grund dafür, dass Rosellen, wie auch andere Bürgermeister jener Zeit, nur „kommissarisch" ernannt wurde und trotz Drängens des Landrates keine Ernennungsurkunde erhalten konnte. Die Regierung schließt sich dann 1821 dem Vorschlag des Landrates an und beauftragt diesen: „ Die Verwaltung der Bürgermeisterämter Monheim und Richrath wird hierdurch dem bisherigen Verwaltungs-Sekretär Rosellen provisorisch aufgetragen, welchem Sie daher die Geschäfte überweisen, und ihn in sein Amt einführen wollen."

Zuständigkeiten des Bürgermeisters

Das Führen der unter frz. Herrschaft eingeführte Zivilstandsregister, d.h. die Beurkundung von Geburten, Eheschließungen, Sterbefällen. Polizeiobrigkeit. Er war dem Polizeidiener gegenüber weisungsberechtigt. Steuereinschätzung. Die von den Bürgern zu zahlenden Communalsteuern wurde in öffentlichen Heberollen vermerkt. Steuerverteilung; Regulierung von Einquattierungen, der Aufbau und Ausbau des Schulwesens, der Straßenbau. Die Armenverwaltung, das Paßwesen, Ein- und Ausbürgerungen usw.

In die Amtszeit Rosellens fällt die Gründung der „Sparkasse der Bürgermeistereien Burscheid, Schlebusch, Opladen, Richrath, Monheim und Leichlingen"

Die den Gemeinderäten in der neuen Gemeindeordnung (23. Juli .1845) eingeräumten Rechte, Mitwirkungsmöglichkeiten und Kontrollfunktionen sorgten bald für Konflikte mit den bisher recht autokratisch regierenden Bürgermeistern, wie sich im Falle Rosellen zeigen lässt. So bestehen die Gemeindeverordneten u.a. auf der Einrichtung eines Ausschusses, der den Bürgermeister ungehindert kontrollieren darf.

J. J. Rosellen in der Beurteilung seiner Zeitgenossen

Rosellen wurde von vorgesetzten Behörden und der Bevölkerung unterschiedlich beurteilt.

1820 berichte der Landrat, Rosellen sei seit acht Jahren als Verwaltungssekretair tätig und besitze „viele Localkunde" , die zu rühmen sei, genieße zudem den „Ruf der Rechtlichkeit" und das „öffentliche Zutrauen"

Dieses positive Urteil, welches durchaus auch von Wilhelm Lungstraß mit beeinflusst worden ist, wurde vom Landrat mehrfach wiederholt nach Düsseldorf gemeldet. Danach liegen 20 Jahre keine offiziellen Äußerungen über J. J. Rosellen vor, sieht man einmal von dem Prozess gegen Christian Peters ab, der J. J.Rosellen in seiner Funktion als Bürgermeister beleidigt hatte und der zu einer Geldstrafe zu 15 Talern verurteilt worden war.

Das nächste Dokument stammt aus dem Jahr 1845. Im Amtsblatt der Reg. Düsseldorf wird mitgeteilt, dass J. J.Rosellen „für seine besondere Sachkunde und Thätigkeit beim Gemeinde-Wegebau" im Jahre 1844 belobigt wird.

Am 20. 9. 1846 teilt der Regierungsrevisor von Parpardt in seinem Revisonsbericht viele Einzelheiten fest, die eine gute Beurteilung der Tätigkeit J. J. Rosellens zulassen.

U.a.(....) „wohnt in Langenfeld und hat dort sein Geschäfts-Bureau" (.) besteht aus zwei Zimmern....(...) ein geräumiges als (....) Geschäfts-Locale, das 2te dagegen zur Aufbewahrung der Registratur benutzt wird.

Mit Hilfe eines Privat- Secretairs bearbeitet (er).. alle Sachen selbst, und ist dabei thätig und eifrig (....). Die speciellste, nach den Bestimmungen des Ministerial-Rescriptes vom 16. Febr. 1831 vorgenommenen Revision der einzelnen Theile der Polizei-Verwaltung überzeugte mich, dass die bestehenden Verordnungen in jeder Beziehung befolgt werden, u. dass Bürgermeister J. J. Rosellen sichtlich bemüht ist, durch pünktliche Anwendung derselben den Anforderungen des Dienstes nach Kräften zu entsprechen. (....)"

Mit heutigen Worten könnte man rheinisch sagen, J. J. Rosellen war ein „harter Hund", der 120% seinen Job machte, ohne jene rheinische Gemütlichkeit oder gar französische Gelassenheit, was bei den Vorgesetzten sehr gut ankam. J. J. Rosellen wurde als Mensch von seinen „Verwalteten" jedoch völlig anders gesehen, als von seinen Regierungsvorgesetzten. Wie häufig werden hier allerdings nicht die positiven Stimmen, sondern die negativ-kritischen Seiten aktenkundig. Es gab vielfältig geäußerte Klagen gegen Bürgermeister J. J. Rosellen, vor allem wegen seiner „unfreundlichen und barschen Manieren". Auffallend ist, dass sich diese alle nach 1845 laut und schriftlich äußerten, nachdem es möglich war, innerhalb einer Samtgemeinde eigene Bürgermeister oder Vorsteher zu wählen.

So schrieben die Richrather und Monheimer Gemeindeverordneten an den Oberpräsidenten und die Regierung in Düsseldorf lange Briefe, in denen sie Bürgermeister Rosellen sehr belasteten und ihm vorwarfen, das Vertrauen der Bürger nicht erlangt zu haben. Die Richrather wollten ihren alten Posthalter Lungstraß wieder haben, die Monheimer den Anton Peters, der ab 1846 örtlicher Gemeindevorsteher da war und Rosellen ab seinem einstweiligem Rücktritt 1948 interimsmäßig, wenn auch nur mäßig, vertrat.

Diese konzentrierten Vorwürfe aus der immer selbstbewusster werdenden Bevölkerung der Samtgemeinde gegen Rosellen, führten dazu, dass die königliche Regierung eine Untersuchung einsetzte, die die Einzelanwürfe gegen den lang gedienten Bürgermeister prüfte. Wenn man aus heutiger Sicht die Anwürfe der Bürger liest und die Stellungnahme dazu der königlichen Regierung, bekommt man den Eindruck, dass es hier nicht nur um „Peanuts" ging, sondern auch, dass die Bürger den autoritär geprägten zwischenzeitlich älter gewordenen preußischen Musterbeamten vom Niederrhein unbedingt loswerden wollten, um vor Ort ihr „eigen Süpplein" zu kochen..., was spätestens ab 1850 ja auch kraft verändertem Gesetz auch gelang.

Einer der Anwürfe war es, dass Rosellen (angeblich)

„den Bau der Hitdorfer Schule von 1840... "ebenfalls ohne vorgängige öffentliche Vergantung (Ausschreibung) dem Sigmund Pabstmann übertragen" haben soll…“

Dazu schreibt der königliche Regierungsbeamte der Abteilung des Inneren von Mirbach: , Durch Zeugenaussagen steht die öffentliche Vergantung des Baus im ursprünglichen Project fest. Wenn aber nach Änderung dieses letzteren der Bau nicht dem ursprünglichen Ansteigerer, sondern dem Pabstmann ohne nochmalige öffentliche Aussetzung übertragen worden ist, so hat dies Ausweis der Akten die ausdrückliche Genehmigung der Regierung erhalten." Mit anderen Worten: Rosellen ist mit Pabstmann übereingekommen, auch weil Pabstmann einen hohen Anteil selbst als Bürger erbracht hat, auf seinem Grund und den Bau mindestens zu einem großen Teil sogar finanziert hat. Die Hitdorfer Kinder hatten was davon, die königliche Regierung wenige oder gar keine Steuerausgaben für den notwendigen Bau und der offenbar mit Augenmaß behaftete Bürgermeister Jacob Joseph Rosellen stand der ganzen Sache nicht im Wege, sondern hat sich offenkundig um eine verwaltungstechnisch saubere Abwicklung des Projektes gekümmert.


Doch, es ziehen sich die Vorwürfe gegen j: J. Rosellen durch, finden ihre Krönung darin, dass er die Kollekte für eine wieder aufzubauende Kapelle im Steinrausch (Immigrath) unterschlagen haben soll, oder die Heberolle um „einen Thaler" einer „Rasur" unterzogen habe... und mündete in der Drohung des Monheimers Vieth, ihm die Wohnung zu zertrümmern, wenn er nicht zurücktrete.

Von Mirbach entkräftet sehr gutwillig, heute würde wir sagen „fair" alle Vorwürfe gegen Rosellen, bis auf einen und das sei hier zitiert:

„Als (ebenso) unbegründet haben sich in der Untersuchung die übrigen Beschwerden herausgestellt und nur das Resultat geliefert, dass der Bürgermeister Rosellen durch ein barsches Benehmen sich viele Feinde unter seinen Verwalteten zugezogen hat. Dies Benehmen ist allerdings in hohem Maße zu tadeln, da ein Bürgermeister zu einer ersprießlichen und erfolgreichen Verwaltung nothwendig des Vertrauens seiner Verwalteten bedarf, und er solches nicht allein durch eine rechtliche Geschäftsführung erwirbt, sondern dazu auch des Wohlwollens gegen seine Verwalteten bedarf. Allein, so lange das schroffe Benehmen eines Beamten nicht Rechteverletzung herbei führt, kann es nicht zum Gegenstande eines Strafverfahrens, sondern nur der Missbilligung und Ermahnung gemacht werden."

Soweit der Vertreter der königlichen Regierung zu Düsseldorf am 02. Januar1849.

Doch, nach dieser Absage an ihr Interesse ließen zumindest die Monheimer (inkl. der Hitdorfer) Bürger der Samtgemeinde es sich nicht nehmen, in einer „Recursschrift" ihren Protest auf's Schärfste kund zu tun. Kein geringerer als Karl Marx ließ den ganzen Text in der Neuen Rheinischen Zeitung am 08. April 1849 veröffentlichen. Er (der ganze Text und auch Marx) sei uns hier erspart, nur soviel, dass die Bürger jeden einzelnen Punkt nochmals zerpflückten und der Regierung vorwarfen, eine Art Gefälligkeitsurteil über Herrn Rosellen angefertigt zu haben.


Auffällig ist dabei, dass während der Sitzungen nach 1845, in denen es um die Kritik an Rosellen ging, Wilhelm Lungstras sich als Schriftführer verdingte und auch als möglicher Vor-Ort-Kandidat (ggf. gegen seinen Willen) gegen Rosellen genannt wurde und dass jetzt in der scharf formulierten Kritikschrift an die Regierung eben der Hitdorfer Sigmund Pabstmann diesmal an der Spitze der Unterschreiber steht. Mutmaßlich ist davon auszugehen, dass die örtlichen Interessen sich aktuell radikal geändert hatten.


Die Unterschriften unter der lokal berühmt gewordenen „Recursschrift" der „Monheimer" Bürger tragen die Namen: Heinr. Leven, Sigmund Pabstmann, Peter Richrath, Hufr. Peter Gladbach, Heuser, Peter Eich, Hans Görgens, Jac. Linder, Heinr. Wirtz, Jac. Schmitt, Weyler, Heinr. Stütgen, Caspers, J.W. Gethmann, Chr. Neu, F. Rüphahn, Wilhelm Dorff, Hucklenbroich, Muhs, Joh. Gladbach, Schmitz, H...berg, Bürgel, Peter Schieder, Vollbach. Lauter alte Bekannte aus Hitdorf und Monheim. Nach einer Übergangszeit, in der Rosellen nochmals angetreten ist, um die Nachlässigkeiten der Interimsvertreter wieder auszubessern und einem kommissarischen Einsatzes durch Herrn Richter, der von der vorgesetzten Behörde eingesetzt wurde, war dann Wilhelm Friesenkotten ab 1852 der Monheimer Bürgermeister auch für Hitdorf zuständig. Auch hier mussten die Hitdorfer sich emanzipieren, um dann endlich 1857 ihre eigenen Stadtrechte zu bekommen, eigens übereignet vom „Prinz von Preußen". Doch dazu mehr an anderer Stelle.

Epilog

Wenn man auf Rosellen blickt....

sieht man einen verbitterten Mann, der es nie geschafft hatte, als zugezogener Schreiberling und mit ursprünglicher Empfehlung seines Gönners Lungstraß behafteter Karrierist, die allgemeine Wertschätzung in der breiten Bevölkerung zu erlangen. Nun war das aber auch ein schweres Stück, diese „Samtgemeinde".

Selbst in heutiger Zeit weiß man um die regionalen Unterschiede selbst zwischen Langenfeldern unter sich.

Fragen Sie mal einen waschechten Richrather, was er von Langenfeld hält, gar von Reusrath. Die regionale Identität zwischen Monheimern und Baumbergern war noch vor ein paar Jahren so groß, dass, wenn ne Monnemer Jung e Boomberjer Mädche freite, er durchaus Gefahr lief, mit Futterrüben (Foderknolle) beworfen zu werden. Oder Hitdorf? Der Fährtstreit mit Langel ist aktenkundig, aber fragen Sie doch mal, warum von Hitdorf nur einmal am Tag eine einzige Buslinie nach Langenfeld ging, aber alle halbe Stunde eine nach Rheindorf oder Monheim…?

Dann hockt da einer an der Kreuzung zwischen Opladen und Düsseldorf, Solingen und Hitdorf, in einem, zugegeben, dank der Thurn und Taxis Posthalterei repräsentativen Gebäude (was heute leider leer steht) und soll so viele unterschiedliche Interessen, ähnlich einer heutigen kleinen Großstadt, alleine unter einen, wenn auch königlichen Hut bekommen...? Und das aus zwei Zimmerchen heraus, wovon eins groß ist und eins als Ablageraum diente. Vergleiche mit den ersten Versuchen in modernen Marketing westdeutscher Nachkriegsfirmen sind zulässig: „Hier haben Sie ein Büro, ein paar Aktenordner, jetzt machen Sie mal Marketing...!"

1839 hatte Rosellen einen schweren Schicksalsschlag, als seine Frau starb. Da war der Mann 46 und seine Frau 39, sie hatte in nur 11 Ehejahren vier Kinder geboren, wovon nur zwei (Stand 1855) überlebt hatten. Mit 46 Jahren war Rosellen also Witwer, in einem, wenn auch schönen Heim, jedoch alleine mit vier (?) Kindern, die ja noch recht jung sein mussten. Ggf. kümmerte sich Frau Lungstras etwas mit um den alleinerziehenden Vater. Hinzu kam sein körperlich sichtbarer Mangel, die Verstümmelung der linken Hand. Das so einer mürrisch wird und sich und andere in der Rede womöglich auf das Wesentliche, Zweckgebundene beschränkt und sich nicht eigens, die „Liebe und Achtung" seiner weitverstreuten „Verwalteten" eigens „verdienen" kann oder auch nicht will, kann ich, hier und heute durchaus verstehen. Rosellen war aktenkundig ein sorgfältiger und langfristig akkurater Beamter, der sich vor allem um den Straßenbau in der Region verdient gemacht hat. Dass dieser um Repräsentanz der Obrigkeit bemühte, dennoch jahrlang als provisorisch geltend tätige, vom kleinen Sekretär aufgestiegene Kompromiss -Bürgermeister, persönlich in eine Art Profilkonflikt kommen musste, wenn ihn mächtige örtliche Sonderinteressen der gewichtigen lokalen Vertreter, die z.T. reiche Hofbesitzer oder Unternehmen waren, trafen und er sich somit ein Schutzschild in einer „mürrischen Art" zulegte, kann ich auch verstehen..... mit vielen Zeitgenossen war sicherlich nicht gut Kirschen essen, wenn es für sie um was ging.


Auch wenn Hitdorf Vorteile daraus zog, spätestens in der Stadtwerdung von 1857, deren späte Folgen noch zu erörtern wären, sollte man dem Bürgermeister Rosellen posthum auch aus den Teilen der „Samtgemeinde" von 1821-1851, hier nun Hitdorf, Gerechtigkeit nicht nur in Langenfeld widerfahren lassen. Die Hitdorfer Schule von 1840/42 ist mit sein Verdienst. Und die neue Gesetzgebung von 1854 und 1850 hätten es nötig gemacht, den Angeschlagenen, der ja noch vom „alten Schlag" war, in eine verdiente Rente zu setzen, mit einem ehrenvollen, wenn auch vorzeitigem Abschied, wofür nach Bekunden der Gemeinden kein Geld da war. Schade, nach über 30 Jahren. 1855 ist er dann bereits gestorben, an einem Nierenleiden. Man kann dran fühlen, dass da viel persönlicher Ärger mit im Spiel war, dafür muss man kein Arzt sein.

Quelle: Jacob Joseph Rosellen 1821-1855 „Zum Bürgermeister ist's ein schwerer Gang", VHS-Arbeitskreis „Geschichte" Volkshochschule Langenfeld 1995, versehen mit eigenen Anmerkungen meiner Eindrücke beim Lesen und Zitieren: H.P.Schmitz, im Juli 2007, Langenfeld/Hitdorf

Last Update 03. Mai 2025